Diabetes-Medikamente: Möglichkeiten und Wirkungen

Diabetes-Medikamente senken den Blutzucker und sollen Diabetes-Komplikationen verhindern. Zur Verfügung stehen Insuline, orale Antidiabetika und GLP-1-Rezeptoragonisten. Hier erfährst du, wie die verschiedenen Mittel wirken und eingesetzt werden.

Übersicht der Medikamente bei Diabetes

Für die Behandlung von Diabetes gibt es verschiedene Diabetes-Medikamente: Insuline, GLP-1-Rezeptoragonisten und orale Antidiabetika. Aber nicht immer kommen bei einer Diabetes-Therapie Medikamente zum Einsatz. Entscheidend sind der Diabetes-Typ und wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist. Neben den Diabetes-Medikamenten sind Anpassungen von Lebensstil und Ernährungsweise wichtige Behandlungskonzepte. [1]

  • Insuline müssen gespritzt werden. Dies kann manuell mithilfe eines Insulinpens oder automatisiert über Insulinpumpen erfolgen. Für die Diabetes-Therapie gibt es Kurzzeit-, Langzeit- und Mischinsuline.
  • Orale Antidiabetika sind Diabetes-Medikamente in Tablettenform. Sie werden in verschiedene Wirkstoffklassen unterteilt. Die Einteilung beruht darauf, wie bzw. wo der Wirkstoff im Körper wirkt und den Blutzucker senkt. Orale Antidiabetika können einzeln oder in Kombination mit anderen oralen Antidiabetika oder Insulin verwendet werden.
  • GLP-1-Rezeptoragonisten werden meist gespritzt und verbessern die Insulinfreisetzung, während sie das Sättigungsgefühl erhöhen und die Magenentleerung verlangsamen.

So wirken Diabetes-Medikamente

Ein Diabetes mellitus ist durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet. Eine Diabetes-Erkrankung liegt vor, wenn der Nüchternblutzucker über 126 mg/dl liegt oder wenn die Blutzuckermessung nach dem Essen Werte von über 200 mg/dl ergibt. Ein chronisch erhöhter Blutzuckerspiegel kann zu Schäden an Nerven und Gefäßen führen und schwerwiegende Folgeerkrankungen bewirken. Das Ziel der Diabetes-Therapie ist daher die Normalisierung des Glukosegehaltes im Blut.

Ist es nicht möglich, durch körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion und Ernährungsumstellung normale Glukosewerte zu erreichen oder liegt ein Diabetes Typ 1 vor, sind Medikamente nötig. Die behandelnden Ärzt:innen entscheiden, ob Insulin und/oder orale Antidiabetika zum Einsatz kommen.

Eine Blutzuckersenkung durch Diabetes-Medikamente beruht auf folgenden Wirkmechanismen: [3]

  • Zuführung von Insulin bewirkt die Glukoseaufnahme in die Zellen
  • Erhöhung der Insulinempfindlichkeit steigert Effekt des vorhandenen Insulins
  • Förderung der Insulinproduktion und -ausschüttung im Pankreas
  • Förderung der Glukoseausscheidung über die Nieren
  • Hemmung der Glukoseaufnahme aus dem Darm
  • Hemmung der Glukosebildung durch die Leber

Unterschiede bei der Medikamenten-Therapie

Diabtetes Typ 1
Der Typ-1-Diabetes ist durch eine autoimmune Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet. Tritt die Erkrankung in Erscheinung, liegt meist bereits ein absoluter Insulinmangel vor. Die Bauchspeicheldrüse ist nicht mehr in der Lage, Insulin herzustellen und es muss Insulin zugeführt werden. In manchen Fällen, in denen zusätzliche Risikofaktoren bei Typ-1-Diabetiker:innen vorliegen, können orale Antidiabetika als Add-on-Therapie (Zusatz-Therapie) zum Einsatz kommen.[2, 4]

Diabetes Typ 2
Bei einem Typ-2-Diabetes gibt es ein Stufensystem für die Behandlung der Erkrankung. Als Basistherapie gilt die Schulung der Patient:innen und der Versuch, mit einer Umstellung von Ernährungs- und Lebensweise die Erkrankung zurückzudrängen. Einen großen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel haben die Gewichtsreduktion und die Steigerung der körperlichen Aktivität. In Kombination mit einer geeigneten Ernährung gelingt es in vielen Fällen, den Blutzuckerspiegel ohne Medikamente zu normalisieren. Passiert dies nicht, werden in der nächsten Stufe blutzuckersenkende Medikamente in die Therapie aufgenommen.[1, 3]

Üblich bei der medikamentösen Therapie des Diabetes Typ 2 ist die Verwendung von zunächst einem Präparat. Eine Kombinationstherapie aus mehreren Präparaten wird angewendet, wenn der Blutzucker weiterhin erhöht ist, es starke Blutzuckerschwankungen gibt oder das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht ist. Ärzt:innen nutzen orale Antidiabetika verschiedener Wirkstoffklassen, um den Therapieerfolg zu optimieren. Wird das Behandlungsziel damit nicht erreicht, lässt sich auch bei einem Typ-2-Diabetes eine Insulintherapie durchführen. [1, 5]

Verschreibung von Diabetes-Medikamenten

Die Einstellung eines Diabetes mellitus erfolgt unter ärztlicher Kontrolle. Welche Diabetes-Medikamente ein sinnvolles Behandlungskonzept ergeben, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Einflussfaktoren bei der Therapieentscheidung

  • Typ und Ausmaß der Diabetes-Erkrankung
  • Ansprechen der Patient:innen auf die verschiedenen Wirkstoffklassen
  • Fähigkeit, die Therapieanweisungen umzusetzen
  • Lebensstil, Lebensalter und Begleiterkrankungen
  • Berücksichtigung individueller Therapieziele
  • Nebenwirkungen von Diabetes-Medikamenten und Lebensqualität

Die Einstellung des Blutzuckers soll schwere Diabetes-Komplikationen verhindern. Mit der Auswahl geeigneter Präparate und einer individuellen Therapieabstimmung lässt sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen sowie für Über- und Unterzuckerung senken. Nach der Risikoabschätzung erhältst du einen Behandlungsplan, die Rezepte für die Diabetes-Medikamente und dir wird eine Diabetes-Schulung angeboten. [3]

Insuline für die Diabetes-Therapie

Die Insulintherapie bei Diabetes erfolgt mit Humaninsulin oder mit Insulin-Analoga. Insulinpräparate unterscheiden sich darin, wann die Wirkung einsetzt und wie lange sie anhält. Die verschiedenen Insuline mit ihren Eigenschaften siehst du hier:

1. Normalinsulin

Das Normalinsulin entspricht strukturell dem körpereigenen Insulin (Humaninsulin). Nach der Gabe wirkt es innerhalb von einer Stunde. Die Wirkung hält etwa einen halben Tag (fünf bis acht Stunden) an. Das Normalinsulin findet als Bolusinsulin Anwendung, wenn kurzfristig ein zu hoher Blutzucker gesenkt werden soll oder um die Glukoseaufnahme während einer Mahlzeit auszugleichen.

2. NPH-Insuline

Auch die NPH-Insuline entsprechen dem Humaninsulin. Sie sind jedoch zusätzlich mit Protamin gekoppelt. NPH steht für Neutral Protamin Hagedorn. Durch die Verbindung mit einem Hilfsstoff kommt es zu einer Verzögerung der Wirkung, daher zählen die NPH-Insuline zu den Verzögerungsinsulinen. Der Effekt tritt nach etwa zwei Stunden ein und hält 12-18 Stunden an. Eingesetzt werden sie als Basalinsulin, um eine Grundversorgung des Körpers mit Insulin zu erreichen.

3. Insulin-Analoga

Insulin-Analoga sind speziell hergestellte Versionen von Insulin, die in Laboren durch kleine Änderungen am Insulinmolekül entwickelt werden. Diese Änderungen helfen, dass das Insulin schneller wirkt oder länger im Körper bleibt, je nach Bedarf. Kurzwirksame Insulin-Analoga wirken bereits 10-20 Minuten nach dem Spritzen. Die Wirkdauer beträgt maximal fünf Stunden. Bei Langzeit-Insulin-Analoga setzt die Wirkung nach ein bis zwei Stunden ein. Die Wirkdauer liegt je nach Präparat zwischen 20 und 42 Stunden.

4. Mischinsuline

Die Mischinsuline bestehen aus einem Kurzzeit- und einem Verzögerungsinsulin. Als Kurzzeit-Insulin kommt das Normalinsulin oder eines der Insulin-Analoga zum Einsatz. Als Verzögerungsinsulin findet sich häufig das NPH-Insulin. Die Wirkung tritt bei den Mischinsulinen nach 20-60 Minuten ein und die Wirkdauer liegt bei etwa 14 Stunden. [6]

Orale Antidiabetika

Bei den oralen Antidiabetika handelt es sich um blutzuckersenkende Medikamente, die ihren Effekt durch unterschiedliche Mechanismen entfalten. Sie kommen hauptsächlich bei der Behandlung des Diabetes Typ 2 zum Einsatz. Die folgende Auflistung beschreibt die verschiedenen Wirkstoffgruppen:

1. Biguanide (Metformin)

Zu der Gruppe der Biguanide zählt das Metformin. Metformin ist oft die erste Wahl für die medikamentöse Behandlung des Diabetes Typ 2. Die Diabetes-Tabletten sind für Patient:innen mit normaler Nierenfunktion geeignet. Die blutzuckersenkende Wirkung beruht auf der Hemmung der Glukosebereitstellung durch die Leber und auf der Erhöhung der Insulinempfindlichkeit, was die Glukoseaufnahme in die Zellen fördert. Metformin führt nicht zu einer Steigerung der Insulinausschüttung, lässt sich aber mit einer Insulintherapie kombinieren, um eine bessere Einstellung zu erreichen.

Für die Behandlung mit Metformin sind Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall beschrieben. Auch eine Appetitminderung und eine veränderte Geschmackswahrnehmung können auftreten.

2. Gliflozine (SGLT-2-Hemmer)

Unter den Gliflozinen oder SGLT-2-Hemmern (SGLT: Sodium-dependent Glucose Co-Transporter) finden sich die Wirkstoffe Canagliflozin, Dapagliflozin, Empagliflozin und Ertugliflozin. Die Hemmung des SGLT-Enzyms führt zu einer erhöhten Ausscheidung von Glukose mit dem Urin. Gliflozine finden bei Typ-2-Diabetes als Einzel- oder als Kombinationstherapie Anwendung. Eine Kontraindikation liegt vor bei Niereninsuffizienz, Volumenmangel oder Elektrolytstörungen. Als Nebenwirkungen können Harnwegs- und Genitalinfektionen, Hautausschlag, Juckreiz sowie Schwindel und Übelkeit auftreten.

3. Gliptine (DPP-4-Hemmer)

Bei den Gliptinen handelt es sich um orale Antidiabetika, die das Enzym Dipetidyl-Peptidase-4 (DPP-4) hemmen. DPP-4 spaltet das Inkretin GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1). GLP-1 fördert die Insulinausschüttung und die Insulinempfindlichkeit. Durch die Hemmung des GLP-1-Abbaus verlängert sich dieser Effekt. Zu den DPP-4-Hemmern zählen die Wirkstoffe Linagliptin, Saxagliptin, Sitagliptin und Vildagliptin. Als Diabetes-Tabletten kommen die Gliptine zum Einsatz, wenn mit einer Umstellung der Ernährung und der medikamentösen Therapie mit anderen Antidiabetika keine ausreichende Blutzuckersenkung erreicht wurde.

Nebenwirkungen der DPP-4-Hemmer sind zum Beispiel Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel und Kopfschmerzen sowie Erschöpfung. Zudem ist ein erhöhtes Risiko für Infektionen und für die Bauchspeicheldrüsenentzündung beschrieben. Eine Gefahr für Unterzuckerung besteht bei der Kombination mit Sulfonylharnstoffen.

4. Sulfonylharnstoffe

Sulfonylharnstoffe wirken direkt an den insulinbildenden Zellen der Bauchspeicheldrüse und fördern die Insulinausschüttung. Als Wirkstoffe sind beispielsweise Glibenclamid, Glimepirid und Gliquidon erhältlich. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass die Zellen noch Insulin produzieren. Die Medikamente kommen daher bei Typ-2-Diabetes zum Einsatz. Als Nebenwirkungen der Sulfonylharnstoffe können Magen-Darm-Beschwerden, Gewichtszunahmen oder Unterzuckerungen auftreten.

5. Alpha-Glukosidase-Hemmer

Die Alpha-Glukosidase-Hemmer verzögern den Abbau von Kohlenhydraten im Verdauungstrakt. Glukose wird dadurch langsamer freigesetzt und in die Blutbahn überführt. Nach einer Mahlzeit lässt sich so ein zu hoher Blutzuckerspiegel verhindern. Alpha-Glukosidase-Hemmer kommen vorwiegend in einer Kombinationstherapie mit anderen oralen Antidiabetika zum Einsatz. Bekannte Wirkstoffe sind Acarbose und Miglitol. Beschriebene Nebenwirkungen sind Blähungen und Bauchschmerzen, Durchfall oder Übelkeit.

6. Glinide

Die Glinide werden zu den Mahlzeiten eingenommen und regen die Insulinfreisetzung an, wodurch der Blutzucker unter Kontrolle gehalten wird. Glinide lassen sich aufgrund des schnellen Wirkungseintritts und der kurzen Wirkdauer flexibler einsetzen als andere orale Antidiabetika. Sie werden als Ergänzungstherapie bei Typ-2-Diabetes genutzt. Als Wirkstoffe sind Nateglinid und Repaglinid auf dem Markt. Gewichtszunahmen und Unterzuckerungen ebenso wie Magen-Darm-Beschwerden sind als Nebenwirkungen bekannt. [3]

GLP-1-Analoga (Semaglutid)

GLP-1-Analoga oder Inkretinmimetika sind Wirksubstanzen, die dem Inkretin (GLP-1) ähneln. Sie stimulieren eine glukoseabhängige Insulinfreisetzung und werden zur Behandlung des Typ-2-Diabetes eingesetzt. Viele Wirkstoffe wie Exenatid, Liraglutid, Albiglutid und Dulaglutid sind jedoch nicht für die orale Einnahme verfügbar und müssen gespritzt werden. Semaglutid dagegen ist in Tablettenform erhältlich. GLP-1-Analoga stehen als kurz- und langwirksame Präparate zur Verfügung.

Die Inkretinmimetika setzen die Magenbewegung herab und verzögern die Magenentleerung, wodurch sie sättigend wirken und die Gewichtsabnahme unterstützen können. Als unerwünschte Wirkungen der GLP-1-Analoga sind Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen und Verstopfung beschrieben. Auch Erschöpfungszustände, Schwindel und Geschmacksstörungen können auftreten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Medikamente führen zu Wechselwirkungen mit oralen Antidiabetika?

Nimmst du neben Antidiabetika weitere Medikamente ein, besteht die Möglichkeit, dass die Mittel die Wirkung der Diabetes-Tabletten verringern oder verstärken. Eine ärztliche Abklärung deines Medikamentenplans sollte vor Behandlungsbeginn stattfinden. Wechselwirkungen sind unter anderem bekannt für Glukokortikoide, Thiazid-Diuretika, Schilddrüsenhormone, Salicylate oder Beta-Blocker.

Wie häufig müssen Antidiabetika eingenommen werden?

Bei vielen Antidiabetika erfolgt die Einnahme zwei- bis dreimal täglich. Du erhältst jedoch einen individuellen Behandlungsplan. Dieser berücksichtigt weitere Medikamente und Begleiterkrankungen sowie die Frage, ob eine Einzel- oder eine Kombinationstherapie zum Einsatz kommen soll.

Lassen sich Diabetes-Medikamente wieder absetzen?

Entfalten Antidiabetika nicht den gewünschten Effekt oder verträgst du sie schlecht, lassen sich die Medikamente wieder absetzen. Auch eine Dosisverringerung oder eine Kombination mit einem zweiten oder dritten Präparat ist möglich. Dadurch lassen sich unerwünschte Wirkungen oft reduzieren.

Quellen

[1] https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/diabetes-typ-2-behandeln/ueberblick

[2] https://www.diabetesde.org/diabetes-medikamente

[3] https://www.diabinfo.de/leben/typ-2-diabetes/behandlung/medikamente.html

[4] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/04/04/orales-add-on-bei-typ-1-diabetes-ueberwiegt-der-nutzen-das-risiko/

[5] https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/diabetes-typ-2-kombinations-therapie-von-anfang-welchen-nutzen-hat-das

[6] https://www.diabinfo.de/fachkreise/diabetesberaterinnen-und-berater/behandlung/insuline-auf-einen-blick.htm

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