Diabetisches Koma bei Überzuckerung

Ein diabetisches Koma ist eine lebensbedrohliche Komplikation von Diabetes, die durch extrem hohe oder niedrige Blutzuckerwerte ausgelöst werden kann. Es kann zu Bewusstlosigkeit und verschiedenen lebensbedrohlichen Symptomen führen und erfordert sofortige medizinische Maßnahmen.

Was ist ein Diabetisches Koma?

Das diabetische Koma ist eine schwere Komplikation bei Menschen mit Diabetes mellitus. Dies betrifft Typ 1 und Typ 2. Durch die Entgleisung von Stoffwechselprozessen kann es zur lebensbedrohlichen Lage kommen. Das diabetische Koma ist ein medizinischer Notfall und muss schnellstmöglich behandelt werden.

Ab wann sprechen Mediziner:innen von einem diabetischen Koma?

Bei Diabetes kann es durch Über- oder Unterzuckerung zu einem komatösen Zustand kommen. Sprechen Mediziner:innen von einem diabetischen Koma, meinen sie in der Regel das hyperglykämische Koma (ketoazidotische oder Übersäuerungskoma oder hyperosmolare oder Austrocknungskoma). Der Begriff wird auch dann verwendet, wenn kein Bewusstseinsverlust eintritt, aber eine Behandlung aufgrund schwerer Überzuckerungen (Hyperglykämie) und Austrocknung (Dehydratation) erfolgen muss.

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Entstehung und Unterscheidung

Grundsätzlich gilt, zu einem echten Koma kommt es nur in einem von zehn Fällen [1]. Die Bezeichnung „Koma“ ist daher etwas irreführend, Stoffwechselentgleisung trifft es besser. Unterschieden wird das ketoazidotische oder Übersäuerungskoma und das hyperosmolare oder Austrocknungskoma.

Ketoazidotische oder Übersäuerungskoma

Das ketoazidotische oder Übersäuerungskoma betrifft vorwiegend Menschen mit Typ 1 Diabetes [2]. Bei dieser Art des diabetischen Koma steht kein Insulin zur Verfügung und der Blutzucker wird nicht in Körperzellen transportiert. Hierdurch entstehen zwei problematische Zustände. 1. Lebenswichtigen Organen steht keine Energie zur Verfügung (Zucker/Glukose = Energie) und 2. der Blutzucker (Glukose) wird nicht verbraucht, es kommt zur Überzuckerung (Hyperglykämie). 

Um den ersten Zustand zu kompensieren, greift der Körper auf den Notfallmechanismus der stark gesteigerten Fettspaltung (Lipolyse) zurück. Der große Nachteil ist, dass durch die gesteigerte Fettspaltung auch Abbauprodukte entstehen. Die Abbauprodukte sind organische Säuren (Ketonkörper), die zu einer Übersäuerung des Blutes (Ketoazidose) führen. Daher auch die Bezeichnung des ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma (keto = Ketonkörper/ azidose = Säuerung). 

Hyperosmolare oder Austrocknungskoma

Das hyperosmolare oder Austrocknungskoma betrifft vorwiegend Menschen mit Typ 2 Diabetes [2]. Wie beim ketoazidotischen Koma steht ein zu hoher Blutzuckerspiegel im Vordergrund. Diese Art des diabetischen Koma kommt überwiegend bei unbehandeltem Diabetes Typ 2 vor [3]. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Menschen noch gar nichts von ihrer Diabeteserkrankung wissen.

Im Gegensatz zum ketoazidotischen Koma ist das hyperosmolare Koma ein schleichender Prozess. Während sich das ketoazidotische Koma bei Typ-1-Diabetes innerhalb eines Tages entwickeln kann, entsteht ein hyperosmolares Koma bei Typ-2-Diabetiker:innen über einen längeren Zeitraum.

Um dem permanent zu hohen Blutzucker entgegenzuwirken, greift der Körper auch hier auf einen Notfallmechanismus zurück. Über die Nieren und folglich den Harn wird Zucker aus dem Körper ausgeschieden. Bei Betroffenen macht sich dies u.a. durch einen häufigen Harndrang (Polyurie) und vermehrtem Durst (Polydipsie) bemerkbar. Die zu hohe Flüssigkeitsausscheidung führt im Verlauf zur Austrocknung des Körpers (daher Austrocknungskoma). Da Menschen mit Diabetes Typ 2 eine Restmenge an Insulin produzieren, ist die Ketonkörperbildung gehemmt und eine Ketoazidose tritt nicht auf [3].

➚ Hier mehr über Überzuckerung erfahren.

Symptome eines diabetischen Komas

Die Symptome beim ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma und hyperosmolare oder Austrocknungskoma überschneiden sich, da teilweise die gleichen Mechanismen und Reaktionen im Körper ablaufen. Folgende Symptome sind möglich [1]:

  • Erhöhter Harndrang (Polyurie)
  • Starkes Durstgefühl (Polydipsie)
  • Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen
  • Bauchschmerzen
  • Austrocknung
  • Azetongeruch der Atemluft (bei Ketoazidose)
  • Schwächegefühl und Krämpfe
  • Vertiefte und schnelle Atmung
  • Sehstörungen
  • Bewusstseinstrübung

Beim ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma können zusätzlich spezifische Symptome auftreten [4]:

  • Bauchschmerzen
  • Krampfanfälle
  • Azetongeruch der Atemluft (ähnlich Nagellackentferner oder sehr reifem Obst)
  • Kußmaul-Atmung (sehr tiefe und schwere Atmung)

Solltest du diese Symptome bei dir oder anderen Personen bemerken, hole dir unbedingt medizinischen Rat ein oder kontaktiere ggf. den Notruf. Bei spezifischen Symptomen des ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma kontaktiere sofort den Notruf unter der Nummer 112.

Ursachen eines diabetischen Komas

Ketoazidotisches oder Übersäuerungskoma 

Ist ein Diabetes Typ 1 noch nicht diagnostiziert worden, kann die diabetische Ketoazidose  als erstes Zeichen der Erkrankung auftreten [3]. Durch die autoimmune Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse kommt es zu einem absoluten Insulinmangel, zu einer Überzuckerung (Hyperglykämie) und im schlimmsten Fall zum ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma. Bei bekanntem Typ-1-Diabetes kann ein Insulinmangel beispielsweise durch die Unterbrechung der Insulintherapie entstehen. Auch kann es passieren, dass der Insulinbedarf steigt und die gewohnte applizierte Insulinmenge nicht ausreicht. Tiefergehende Informationen kannst du im Artikel über Diabetische Ketoazidose nachlesen.

Hyperosmolare oder Austrocknungskoma

Auch hier kann die bisher ausstehende Diagnose, in diesem Fall eines Typ 2 Diabetes mellitus, ursächlich sein. Weitere Ursachen können sein [4]:

  • akute Infektionen
  • andere medizinische Behandlungen
  • Medikamente (Glukokortikoide, Diuretika)
  • Fehler im Blutzuckermanagement (Ernährungsursachen, Diätfehler, Fehler in der Insulingabe)

Wie kündigt sich ein diabetisches Koma an?

Da das ketoazidotische oder Übersäuerungskoma und das hyperosmolare oder Austrocknungskoma auf Überzuckerung (Hyperglykämie) beruhen, sind sie in der anfänglichen Symptomatik vergleichbar. Siehe Abschnitt zu den Symptomen. Ein großer Unterschied besteht in dem Zeitraum, in dem sich die Symptome ergeben. Während sich das ketoazidotische Koma bei Typ-1-Diabetes innerhalb eines Tages entwickeln kann, entsteht ein hyperglykämisches hyperosmolares Koma bei Typ-2-Diabetiker:innen im Laufe von Tagen oder Wochen. Die initial gemessenen Blutzuckerwerte sind bei dem hyperglykämischen Koma daher üblicherweise deutlich höher (über 600 mg/dl) als bei einem ketoazidotischen Koma (über 250 mg/dl) [3].

Behandlungsmaßnahmen

Die Therapien eines ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma und die des hyperosmolaren oder Austrocknungskoma sind vergleichbar [3]. Die Behandlung wird intensivmedizinisch vorgenommen und ist mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden. Der entstandene Flüssigkeitsverlust wird durch die intravenöse Gabe von z. B. Kochsalzlösungen ausgeglichen. Zusätzlich wird Insulin verabreicht, um den Blutzucker auf ein akzeptables Niveau zu bringen [3]. Beim ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma werden zudem Maßnahmen eingeleitet, die den Säure-Basen-Haushalt normalisieren.

Vorbeugung: Blutzuckerkontrollen bei Diabetes

Das Risiko ist am höchsten bei einem noch nicht diagnostizierten Diabetes mellitus, dies betrifft Typ 1 und Typ 2. Regelmäßige Gesundheitskontrollen können dir helfen, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen und eine Behandlung zu beginnen. Ist die Erkrankung bekannt, sind kontinuierliche Blutzuckerkontrollen entsprechend nach ärztlichen Vorgaben bei der Vorbeugung eines diabetischen Komas entscheidend. 

Wie sind die Überlebenschancen bei einem diabetischen Koma?

Bei rechtzeitiger intensivmedizinischer Behandlung sind die Überlebenschancen bei einem diabetischen Koma gut. Die Sterblichkeitsrate bei ketoazidotischen oder Übersäuerungskoma beträgt weniger als 1%, beim hyperosmolaren oder Austrocknungskoma etwa 5-20 % [5, 6]. Ältere Patient:innen oder Diabetiker:innen mit weiteren schweren Erkrankungen stärker gefährdet, an einem hyperglykämischen Koma zu versterben [5, 6].

Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem diabetischen Koma

Sofern vorhanden und ärztlich vereinbart, spritze dir Insulin entsprechend deinem Notfallplan. Wenn du alleine bist, hole dir Hilfe! Sinkt der Blutzucker nicht, zögere nicht und ziehe umgehend den Notarzt unter der Notfallnummer 112 hinzu.

Quellen

[1] Hyperglykämisches Koma, Amboss. (2023). https://www.amboss.com/de/wissen/hyperglykamisches-koma/

[2] Diabetisches Koma, diabinfo Das Diabetesinformationsportal. (2023). https://www.diabinfo.de/leben/info-ecke/diabetes-von-a-z.html

[3] Kaser, S., Sourij, H., Clodi, M., Schneeweiß, B., Laggner, A. N., & Luger, A. (2023). [Treatment of acute diabetic metabolic crises in adults (Update 2023): Hyperglycemic hyperosmolar state and ketoacidotic metabolic disorder]. Wiener klinische Wochenschrift, 135(Suppl 1), 237–241. https://doi.org/10.1007/s00508-023-02174-8

[4] Hyperosmolarer hyperglykämischer Zustand (HHS) , MSD MANUAL Ausgabe für medizinische Fachkreise. (2022). https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/endokrine-und-metabolische-krankheiten/diabetes-mellitus-und-andere-st%C3%B6rungen-des-kohlenhydratstoffwechsels/hyperosmolarer-hyperglyk%C3%A4mischer-zustand-hhs

[5] Kitabchi, A. E., Umpierrez, G. E., Murphy, M. B., Barrett, E. J., Kreisberg, R. A., Malone, J. I., & Wall, B. M. (2003). Hyperglycemic crises in patients with diabetes mellitus. Diabetes Care, 26 Suppl 1, S109-117. https://doi.org/10.2337/diacare.26.2007.s1096. Kitabchi, A. E., Umpierrez, G. E., Miles, J. M., & Fisher, J. N. (2009). Hyperglycemic crises in adult patients with diabetes. Diabetes Care, 32(7), 1335–1343. https://doi.org/10.2337/dc09-9032

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